ZEV Bremen

Stellungnahme der Zentralelternvertretung (ZEV Bremen) zur aktuellen Situation in der bremischen Kindertagesbetreuung

BITTE BEACHTEN SIE GERNE AUCH DEN NACHFOLGENDEN BEGLEITTEXT, IN DEM WIR DIE PUNKTE AUSFÜHRLICHER ARGUMENTIEREN.

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Die Zentralelternvertretung Bremen kommt unter Berücksichtigung aktueller Lageeinschätzungen und Prognosen von Experten sowie unter Beachtung vielfältiger Aussagen aus der Elternschaft zu dem Schluss, dass die Kindertagesbetreuung aktuell nicht optimal auf die Anforderungen und Bedingungen eingestellt ist.

  1. Das Risiko einer Infektion in der Kita ist insbesondere auf Grund der hohen Eintrittswahrscheinlichkeit, welche aus der hohen Inzidenz resultiert, gegeben; die Auswirkungen einer Infektion sind zumindest nicht vorhersehbar.
  2. Es gibt derzeit kein transparentes Instrument zur Steuerung der Maßnahmen in Kita mit Bezug zum Infektionsgeschehen.
  3. Die Maßnahme der regelmäßigen Testungen der Kinder kann einen verbesserten aber keinen vollständigen Überblick zur aktuellen Infektionslage in Kita schaffen. Die Maßnahme einer Verkleinerung Kohorten führt oft zu einer Reduktion des Betreuungsumfangs. Unter einem vollständigen Wegfall des Besuchs ihrer Kindertageseinrichtung (z.B. auch durch Kontaktquarantänen) leiden und erkranken Kinder teilweise schwer.
  4. In den vergangenen Wochen waren sehr viele Kita-Kinder auf Grund der geltenden Quarantänevorschriften nicht in den Kindertageseinrichtungen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Spannungsfeld aus der Aufrechterhaltung eines möglichst konstanten und umfänglichen Besuchs der Kindertageseinrichtungen / frühkindlichen Bildung und der Minimierung des Infektionsrisikos. Für beide Seiten werden Argumente an uns herangetragen, denen wir folgen können – und dennoch halten wir beide Extreme für nicht angemessen. Wir plädieren vielmehr dafür, eine möglichst umfängliche Aufrechterhaltung der Betreuungsumfänge unter größtmöglicher Risikoreduktion als Zielkriterium der Überlegungen anzustreben.

Vor dem beschriebenen Hintergrund sehen wir folgende Optimierungspotentiale:

  1. Es müssen dringend zuverlässige Zahlen und Informationen zur betroffenen Personengruppe zur Verfügung stehen.
  2. Es müssen dringend alle Maßnahmen „um die Kinder herum“ ausgeschöpft werden: z.B. Maskenpflicht und tägliche Testpflicht für die Fachkräfte.
  3. Der Reaktionsstufenplan muss angepasst oder ersetzt werden.
  • Die ZEV bringt eine Diskussionsgrundlage für eine neue Regelung ein, welche eine einrichtungsscharfe und stufenweise Vorgehensweise beim Auftreten von Infektionsfällen in der Kindertageseinrichtung vorsieht und das Ziel der größtmöglichen Betreuung unter Beachtung einer sinnvollen Risikominimierung verfolgt:

Unter der Annahme einer annähernd vollständigen Testung der Kita-Kinder könnten wir uns beispielsweise vorstellen, dass weiterhin in 60er Kohorten gearbeitet wird. Der einrichtungsscharfe Reaktionsstufenplan müsste vorsehen, dass bei einer noch zu definierenden Zahl von Infektionsfällen aus der 60er Kohorte in Stammgruppen gewechselt wird. Und das weiter die Kinder der Stammgruppe bei einer zweiten noch zu definierenden Zahl von Infektionsfällen innerhalb der Stammgruppe in Quarantäne gehen. 

Es ist kurzfristiges Handeln für eine Regelung und ihre Kommunikation geboten!

  • Es muss mit Nachdruck an politisches Maßnahmen gearbeitet bzw. bestehende weiterentwickelt werden, z.B. besonderer Kündigungsschutz oder Hilfen bei Verdienstausfällen, um Eltern bestmöglich zu entlasten bzw. Familien zu schützen, die durch erhöhte Betreuungsmehraufwände belastet werden.

BEGLEITTEXT

  1. Aktuell ist das Infektionsgeschehen unter Kindern so hoch wie zu keinem anderen Zeitpunkt seit Beginn der Pandemie. Die pandemische Lagebeurteilung mit Blick auf die Kinder in der Kindertagesbetreuung in Bremen kann durch die ZEV nicht evaluiert werden, da der ZEV lediglich die öffentlich zur Verfügung stehenden Zahlen aus der Altersgruppe 0-4 und 5-14 vorliegen.  Trotz wiederholten Nachfragens bei unterschiedlichen Institutionen konnten keine Zahlen für Kita-Kinder oder zumindest die Altersgruppe 1-6 zur Verfügung gestellt werden. Das Risiko für die Ansteckungen der Kinder untereinander und der Ansteckung von Erwachsenden durch infizierte Kinder wurde uns in den vergangenen Wochen und Monaten durch Experten (Epidemiologe, Kinderarzt, Behörde) stets als moderat beschrieben – eine Ansteckung anderer durch infizierte Kinder sei selten; gleichwohl keine Daten zur Ansteckungsrate vorliegen. Ebenso seien schwere Verläufe insbesondere bei jüngeren Kindern selten, gleichwohl diese oder auch langfristige Auswirkungen der Infektion vorkommen können. Nicht zuletzt können nunmehr Kinder geimpft werden, wobei die STIKO die Impfung von Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren mit Vorerkrankungen empfiehlt. Bei individuellem Wunsch können auch Kinder ohne Vorerkrankung geimpft werden. Bremen stellt den Kindern hierfür Impf-Codes zur Verfügung. Für Kinder zwischen 0-4 Jahren ist eine Impfung derzeit nicht vorgesehen.

Das Risiko einer Infektion in der Kita ist also insbesondere auf Grund der hohen Eintrittswahrscheinlichkeit, welche aus der hohen Inzidenz resultiert, gegeben; die Auswirkungen einer Infektion sind zumindest nicht vorhersehbar.

  • In der aktuellen, 30. Coronaverordnung wird auf den Reaktionsstufenplan als Planungsinstrument verwiesen. Die Kindertagesbetreuung befindet sich seit dem 01.06.2021 in der dort beschriebenen Grundstufe und somit erfolgt die Betreuung aktuell möglichst im vollständigen Betreuungsumfang in 60er Kohorten. Ursprünglich wurde der Reaktionsstufenplan in Verzahnung mit dem sogenannten und derzeit abgeschafften Ampelsystem angewendet. Die Steuerungsinstrumente orientierten sich an dem einrichtungsbezogenen Infektionsgeschehen, wodurch durch ihre Anwendung eine einrichtungsscharfe Reaktion auf das aktuelle Infektionsgeschehen im Umfeld der Kindertageseinrichtung erreicht wurde. Der Reaktionsstufenplan wurde seither nicht angepasst und die Mechanismen zur Änderung der Stufen wurde auf Grund der Abschaffung des Ampelsystems eliminiert. Die vergangenen ZEV-Corona-Umfragen (Ergebnisse sind auf unserer Webseite zu finden) haben stets sowohl Elternstimmen für Verschärfungen von Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung, als auch Elternstimmen für den Wegfall aller Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung wiedergespiegelt. Was aber immer wieder deutlich wurde und auch gerade jetzt in der aktuellen Situation deutlich wird, ist die Forderung nach Transparenz.

In der Folge gibt es derzeit kein transparentes Instrument zur Steuerung der Maßnahmen in Kita mit Bezug zum Infektionsgeschehen.

  • Als Maßnahme zur Minimierung des Infektionsrisikos gibt es seit kurzer Zeit eine Testpflicht für Kita-Kinder, der durch wöchentlich drei Tests zu Hause oder in der Kindertageseinrichtung nachgekommen werden muss. Bei Nichteinhaltung gilt für das betroffene Kind ein Betretungsverbot der Kindertageseinrichtung. Für die Tests werden den Eltern durch die Kindertageseinrichtungen kostenlos Lolli-Selbsttests zur Verfügung gestellt. Die Umsetzung der Testungen müssen die Eltern gegenüber der Kindertageseinrichtung mündlich oder schriftlich glaubhaft versichern. Es gibt Eltern und Einrichtungsleitungen sowie Trägervertreter, die der wahrheitsgemäßen Durchführung der Tests zu Hause nicht trauen. Auch stellen sich immer mehr Eltern die Frage, ob es sinnvoll ist, wenn Kinder in der Kita getestet werden, da hierdurch ein Kontakt mit einem potentiell infizierten Kind erfolgen kann, der durch eine Testung im Vorfeld des Kita-Besuchs hätte vermieden werden können.

In der Vergangenheit gab es im Reaktionsstufenplan Stufen, die als Maßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos eine Reduktion der Kinderanzahl in einer Kohorte oder sogar ein Aussetzen der Betreuung in Kindertageseinrichtungen vorsah. Fakt ist, dass eine Reduktion der Kinderanzahl einer Kohorte in vielen Einrichtungen auf Grund fehlenden Personals zu einer Reduktion von Betreuungsumfängen, insbesondere in den Randzeiten, führen würde. Es wird vielfältig beschrieben, dass als Folge des ersten Lock-downs festgestellt wurde, dass viele Kinder extrem unter einem Wegfall des Besuchs ihrer Kindertageseinrichtung leiden. Diese Situation ist mit einer langfristigen Kontaktquarantäne annähernd gleichzusetzen.

Die Maßnahme der regelmäßigen Testungen der Kinder kann einen verbesserten aber keinen vollständigen Überblick zur aktuellen Infektionslage in Kita schaffen. Die Maßnahme einer Verkleinerung der Kohorten führt oft zu einer Reduktion des Betreuungsumfangs. Unter einem vollständigen Wegfall des Besuchs ihrer Kindertageseinrichtung (z.B. auch durch Kontaktquarantänen) leiden und erkranken Kinder teilweise schwer.

  • In den vergangenen Wochen waren zeitweilig immer wieder sehr viele Kita-Kinder nicht in den Kindertageseinrichtungen. Auf Grund der geltenden Quarantänevorschriften müssen alle ungeimpften sowie einfach geimpften Kontaktpersonen sich nach einem Kontakt mit einer durch einen PCR-Test nachgewiesenen infizierten Person in häusliche Quarantäne begeben. Darüber hinaus gibt es immer wieder die Bitte um Isolation der Kinder bei einem positiven Schnelltest bis zu dem Ergebnis des PCR-Tests. In häuslicher Quarantäne befindliche Kita-Kinder können sich nach 5 Tagen, wenn sie symptomfrei sind, freitesten. Dennoch haben die aktuellen Regelungen mitunter zu eklatanten Betreuungseinbußen geführt, in denen sich Kontaktquarantänen derart ungünstig aneinanderreihen können, dass Kinder wochenlang keine Kindertagesbetreuung bekommen. Genaue Zahlen zu den nicht betreuten Kindern liegen uns nicht vor und werden nach unserem Kenntnisstand auch nicht zentral erhoben.

In den vergangenen Wochen waren sehr viele Kita-Kinder auf Grund der geltenden Quarantänevorschriften nicht in den Kindertageseinrichtungen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Spannungsfeld aus der Aufrechterhaltung eines möglichst konstanten und umfänglichen Besuchs der Kindertageseinrichtungen / frühkindlichen Bildung und dem Infektionsschutz. Für beide Seiten werden Argumente an uns herangetragen, denen wir folgen können – und dennoch halten wir beide Extreme für nicht angemessen. Wir plädieren vielmehr dafür, eine möglichst umfängliche Aufrechterhaltung der Betreuungsumfänge unter größtmöglicher Risikoreduktion als Zielkriterium der Überlegungen anzustreben.

  1. Es müssen dringend zuverlässige Zahlen und Informationen zur betroffenen Personengruppe zur Verfügung stehen.
  • Vor dem Hintergrund von Impfdurchbrüchen und unter Berücksichtigung des Eintrags von Infektionen durch Fachkräfte in die Kindertagesbetreuung halten wir eine sofortige tägliche Testpflicht für alle Fachkräfte und alle weiteren Personen, die eine Einrichtung betreten, für geboten. Dabei sollten sich sowohl die Ungeimpften (gemäß gesetzlicher Maßgabe, ergänzt durch Selbsttests), als auch die Geimpften täglicher Tests unterziehen, wobei Letztere ggf. ausschließlich Selbsttests nutzen könnten. Darüber hinaus könnte als weitere Sicherheitsmaßnahme für eine gewisse Zeit über das Tragen von FFP2-Masken von den Beschäftigten, überall dort wo es möglich und sinnvoll ist, nachgedacht werden.

Es müssen dringend alle Maßnahmen „um die Kinder herum“ ausgeschöpft werden: z.B. Maskenpflicht und tägliche Testpflicht für die Fachkräfte.

  • Eltern benötigen einen nachvollziehbaren Fahrplan für den Umgang mit optionalen Pandemieszenarien, die in den unterschiedlichen Situationen zum Tragen kommen. Dies ist wichtig, um den Eltern transparent und vorhersehbar mögliche Einschränkungen der Betreuungsumfänge zu vermitteln. Dies erhöht die die Nachvollziehbarkeit und die Akzeptanz in der Elternschaft. Der nicht angewendete Reaktionsstufenplan führt an dieser Stelle eher zum Gegenteil: Verwirrung. Wir halten eine politisch vorgegebene, transparente, nachvollziehbare, praktikable und einheitliche Regelung für zwingend erforderlich!

Der Reaktionsstufenplan muss angepasst oder ersetzt werden.

  • Die Regelung sollte einrichtungsscharf und eine stufenweise Vorgehensweise beim Auftreten von Infektionsfällen in der Kindertageseinrichtung vorsehen, um hier dem Ziel der größtmöglichen Betreuung unter Beachtung einer sinnvollen Risikominimierung gerecht zu werden. Die Idee leitet sich aus dem Vorgehen in Schule ab gleichwohl in Schule eine Maskenpflicht für die Kinder gilt, welche in Kita nicht umsetzbar wäre. Dennoch halten wir Aspekte der Regelung für übertragbar: Unter der Annahme einer annähernd vollständigen Testung der Kita-Kinder könnten wir uns vorstellen, dass weiterhin in 60er Kohorten gearbeitet wird. Der einrichtungsscharfe Reaktionsstufenplan müsste vorsehen, dass bei einer noch zu definierenden Zahl von Infektionsfällen aus der 60er Kohorte in Stammgruppen gewechselt wird. Und das weiter die Kinder der Stammgruppe bei einer zweiten noch zu definierenden Zahl von Infektionsfällen innerhalb der Stammgruppe in Quarantäne gehen. 

Es ist kurzfristiges Handeln für eine Regelung und ihre Kommunikation geboten!

Die ZEV bringt diese Idee als eine Diskussionsgrundlage für eine neue Regelung ein, welche eine einrichtungsscharfe und stufenweise Vorgehensweise beim Auftreten von Infektionsfällen in der Kindertageseinrichtung vorsieht und das Ziel der größtmöglichen Betreuung unter Beachtung einer sinnvollen Risikominimierung verfolgt.

  • Neben den gesundheitlichen Sorgen werden Eltern / Familien durch die finanziellen / existenziellen Sorgen belastet. Diese resultieren insbesondere auch aus der Unsicherheit, was in den nächsten Wochen passiert. Sie stellen sich für ihr eigenes Kind die Frage, welche gesundheitlichen Folgen eine Ansteckung mit dem Corona-Virus oder ein Wegfall von Betreuungszeiten mit sich bringt. Der psychische Druck wirkt sich zwangsläufig in dem Familienleben aus und belastet die Familiensituation stark.

Es muss mit Nachdruck an politisches Maßnahmen gearbeitet bzw. bestehende weiterentwickelt werden, z.B. besonderer Kündigungsschutz oder Hilfen bei Verdienstausfällen, um Eltern bestmöglich zu entlasten bzw. Familien zu schützen, die durch erhöhte Betreuungsmehraufwände belastet werden.