ZEV Bremen

Zukunft der frühkindlichen Bildung in Bremen

Podiumsdikussion // 07.05.2019 // Gemeindesaal der Ev. Immanuel-Gemeinde // Walle

Die ZEV hatte für den 07. Mai 2019 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft der frühkindlichen Bildung in Bremen“ in den Gemeindesaal der Ev. Immanuel-Gemeinde in Walle geladen.

Es konnten Vertreter aller Fraktionen sowie die Senatorin für Kinder und Bildung Dr. Claudia Bogedan für die Teilnahme gewonnen werden.

Die SPD wurde dabei durch Mustafa Güngör vertreten, die CDU durch Sandra Ahrens, das Bündnis 90/Die Grünen vertrat Dr. Matthias Güldner, Sofia Leonidakis DIE LINKE und Sophie Hennersdorf die FDP. Die ZEV-Vorstandsvorsitzende Petra Katzorke ergänzte das Podium. Im Publikum saßen interessierte Eltern sowie Kollegen aus den Kindertageseinrichtungen und Interessensvertreter.

Der Moderator Achim Boot bat die Podiumsgäste nach einer Begrüßung durch die ZEV und die Senatorin zunächst in einem kurzen Statement Stellung zu folgenden Themen:

  • Kitaplatzausbau
  • Umgang mit dem Fachkräftemangel
  • Qualität in KiTas
  • Sozial-Index
  • Stellenwert frühkindlicher Bildung im Hinblick auf den Übergang zur Schule

Hier wurde deutlich, dass die drängendste Problematik in der Überwindung des Fachkräftemangels liegt, da hierauf sowohl ein fundierter Platzausbau als auch eine Verbesserung der Betreuungsqualität fußen.

Alle Diskussionsteilnehmer sahen dabei die Gewährleistung eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes als unumstößliches Ziel der Bemühungen.

Zur Gewinnung weiterer Fachkräfte wurde unter anderem die Verstetigung und der Ausbau einer bezahlten Ausbildung für Erzieher gefordert und insbesondere durch Herrn Güldner die Herabsetzung von Anerkennungshemmnissen angeregt.

Die SPD rückte auch die Senkung der Abbrecher-Quote in der Ausbildung sowie die Optimierung der Arbeitsbedingungen in den Fokus des Gesprächs.

Zur Verbesserung der Betreuungsqualität in den Kitas wurde eine Zurücknahme der Integration von 2-jährigen Kindern, die im 3. und 4. Quartal Geburtstag haben, in den Kindergarten angeregt und durchgehend befürwortet.

Die Erhöhung des Fachkraft-Kind-Schlüssels wurde vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels für unrealistisch gehalten und solle sich nach Wunsch der Senatorin insbesondere am Sozialindex orientieren.

Der Sozialindex soll Aufschluss über das konkrete soziale Umfeld der Einrichtungen und somit der in der Einrichtung zu betreuenden Kinder geben. Die Kriterien zur Bemessung des Sozialindex sind nicht allen Diskussionsteilnehmern klar, wurden aber laut Frau Bogedan erst kürzlich überarbeitet und die Einrichtungen aktuell neu eingestuft.

Zum Übergang aus dem Kindergarten in die Schule fordern die Teilnehmer eine Verstetigung bereits erfolgreich umgesetzter Modellversuche. Frau Ahrens beschreibt das Vorgehen in Bremerhaven, wo durch eine konkrete Zuordnung von Kindergärten zu Schulen eine enge Kooperation in allen Kindergärten erfolgt. Frau Leonidakis fordert zudem eine frühere Prüfung der aktiven Sprache und in dem Zusammenhang eine Abschaffung des aus ihrer Sicht unsinnigen CITO-Testes.

Im Anschluss an die Darlegung der Standpunkte wurden Publikumsfragen erbeten und vom Podium beantwortet. Auf die Frage, ob man nicht zur Lösung des Fachkräfteproblems ganz pragmatisch geringerqualifizierte einbinden könne, gab Herr Güldner zu bedenken, dass man den Erzieher*innen-Beruf schützen müsse aber die Verkleinerung von Hürden zur Anerkennung sinnvoll sein. Auch Herr Güngör verwies auf die Etablierung eines guten Personalmix, ergänzt mit z.B. Buftis oder Entlasterkräften nach Vorbild bei KiTa-Bremen.

Eine weitere Publikumsfrage galt der Optimierung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es wurde eine Gefährdung sicherer Arbeitsplätze durch eine unstete Betreuungssituation sowie unpassender Betreuungsangebote gesehen und nach der Umsetzbarkeit von Konzepten, wie beispielsweise Platzsharing – also das tagspezifische Nutzen von Betreuungsmöglichkeiten durch zwei unterschiedliche Kindern – gefragt. Die SPD führte hierzu aus, dass sie an einem neuen Finanzierungssystem arbeiten, dass sie in der nächsten Legislaturperiode umsetzen wollen und das eine größere Flexibilisierung ermöglicht. Herr Güldner verweist auf das Platzsharing im Bereich der Tagespflege, wo das System bereits erfolgreich gelebt wird, und einen denkbaren Transfer auf die Betreuung in Kindertageseinrichtungen, obgleich das System deutlich komplexer sei. DIE LINKE schlägt zur Verbesserung der bedarfsgerechten Betreuungsmöglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Etablierung von stadtteilbezogenen Einrichtungen, die eine umfassende Randzeitenbetreuung anbieten, vor.

Ein anderer Zuhörer stellte die Frage, warum derzeit nur die Erzieher in sogenannten Index-Kitas eine bessere Bezahlung erhielten – für diese war die Bezahlung vor kurzem von 8a auf 8b angehoben worden. Die SPD rechtfertigte das Vorgehen damit, dass die Arbeitsbedingungen in diesen Einrichtungen schwieriger sein und sie Anreize für Erzieher schaffen wolle, in diesen Einrichtungen tätig zu sein. Es wurde aber als ein erster Schritt bezeichnet, dem weitere Verbesserungen der Entlohnung von Erziehern folgen sollen. Ein Vertreter von verdi ergänzte, dass die Höhergruppierung mit der tariflichen Zuordnung der Tätigkeiten zu begründen sei und eine Erzieherin, die im Publikum sitzt ergänzt, dass sie den Beruf als Berufung sehe und die Diskussion über die Eingruppierung nicht gutheiße. Hierfür bekommt sie Applaus. Frau Hennersdorf griff den Dank an die Erzieher auf und ergänzte, dass die Politik bessere Arbeitsbedingungen und Betreuungzeiten gewährleisten müsse.

Auf die Frage, ob es nicht zielführender sei die Eltern der zu betreuenden Kinder einkommenstechnisch zu entlasten und somit weniger Betreuungsumfang nötig zu machen, beantwortete die SPD mit der Vision, dass maximal 32 Wochenarbeitsstunden je Elternteil arbeiten sollten, um die Einkommensbedarfe zu decken und volle Rentenansprüche gelten machen zu können.

Der Moderator schloss die Podiumsdiskussion mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und der Anregung den direkten Dialog zwischen Politik und Elternschaft zu verstetigen. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion erfolgten verschiedene Einzelgespräche von Publikumsteilnehmern mit den politischen Vertretern und die vielen tollen Helfer unterstützten beim Aufräumen und Rückbau der Location.